Wie muss ich mir eine Tantramassage nun Vorstellen?

Vorwort:

Lieber Leser, als erstes möchte ich Dich nun bitten, für die Zeit die Du benötigst diesen Text zu lesen, einmal alles was Du gelernt hast und als normal und richtig verstehst ruhen zu lassen. Da ich nicht wissen kann wer mit welcher Lebensphilosophie diesen Text hier liest möchte ich Euch zunächst auf die gleiche Ebene bringen und das bedeutet, Ihr seid jung, unerfahren, hab nicht schon 1000 mal erzählt bekommen wie die Welt sein muss und was richtig und was falsch ist, sauber und schmutzig, verdorben und ehrbar. Ich möchte nicht weniger als dass Ihr für die dauer dieses Textes mal ganz „naiv“ an nehmt dass ich alles genau so meine und damit auch noch recht habe ;). Nach dem Text dürft Ihr dann gerne wieder denken was Ihr wollt :).

Meine Vorgeschichte:

Dies hier wäre kein Text von mir, wenn ich nicht wieder ein wenig ausholen würde ;). Ich bin in einer sehr konservativen Zeit und mit christlich katholischen Werten aufgewachsen und daran ist nichts aus zu setzen, ich urteile nicht, ich erzähle nur. Zusätzlich habe ich durch Hollywood ein sehr klares Bild davon gehabt was ich zu denken hatte. Kurz, ich habe natürlich auch bei Tantra und Tantramassage immer gleich an Sex gedacht bzw. den sexuellen Aspekt hervor gehoben/in den Vordergrund gestellt. So war es dann auch kein Wunder, dass ich, als ich selbst zu meiner ersten Tantramassage gefahren bin, den sexuellen Aspekt im Blick hatte und mir nicht wirklich vorstellen konnte was Tantra wirklich bedeutet. Eben diese Massage und all das was sich in den Monaten danach ereignete, änderten jedoch meinen Blick und eröffneten mir so eine ganz neue Welt.

Während ich, als jemand der damals eben keine Ahnung von Tantra hatte und nur wußte, dass der ganze Körper massiert wird und Lust nicht abgelehnt wird, sondern sogar dazu gehört, dachte ich eben nur daran wie das dann real aussehen würde und wie es mir dabei gehen würde, aber was mich dann erwartete war schlicht und ergreifend zu dem Zeitpunkt für mich nicht denkbar. Schon nach der hälfte der Massage war ich so entspannt und so weit weg, dass es mir schlicht egal war und heute weiß ich, dass selbst diese Tantramassage wohl von einer unerfahrenen Tantramasseurin ausgeführt worden war, weil wichtige Elemente fehlten, aber dazu später mehr. Ich spürte allerdings, die Liebe und Herzlichkeit, die sie mir schenkte….naja, ich hab schon bezahlt, aber dennoch war das was völlig neues.

So angesteckt und fasziniert, wollte ich mehr darüber erfahren und durchforstete Foren, sprach mit Tantrikern, besuchte ein Seminar und lernte die Tantramassage selbst. Das wichtigste was ich lernte war, dass meine Sicht auf Tantra am Anfang falsch gewesen ist und nicht das Tantra. Tantra sieht die Sexualität als gleichberechtigten Bestandteil von allem. Aus der Sicht eines Tantrikers ist der Lingam oder die Yoni (das tantrische Wort für Penis oder Vagina) nicht weniger wichtig, als die Hand oder das Ohr. Der Tantriker bewertet Lust auch nicht, sondern sieht sie ganz genau wie Hunger, Durst oder Müdigkeit, als völlig normales menschliches Bedürfnis auf das wir alle ein selbstverständliches Recht haben.

Die Massage:

Um nicht andauernt politisch korrekt er und sie, männlich und weiblich nennen zu müssen, beschreibe ich den Text jetzt mal aus meiner Sicht, wo ich der Gebende bin und Sie die Empfängerin ist, aber natürlich kann das auch umgekehrt sein. Männlich/weiblich ist durchweg austauschbar.

Eine gute echte Tantramassage (nach meiner Meinung) beginnt zunächst mit einem ausgiebiegem Vorgespräch, in dem der Gebende der Empfängerin alle Fragen ganz genau erläutert. Die Empfängerin hat Zeit und Ruhe an zu kommen, erst mal einen Schluck zu trinken und sich zurück zu lehnen. Vor allem anderen wird nun der Ablauf genau erläutert, alle Fragen erschöpfend geklärt und vor allem die Grundpfeiler der Tantramassage genannt:

  • Achtsamkeit
  • Absichtslosigkeit
  • Wertfreiheit

Das bedeutet, vor allem, dass der Gebende von Anfang bis Ende nur dem vorgegebenen Ablauf folgt, er hat kein Ziel und bleibt immer bei sich. Gleichzeitig jedoch ist er Achtsam und Aufmerksam für alles. Er ist mit allen Sinnen im Hier und Jetzt, nimmt alles wahr und kümmert sich achtsam um alle Belange der Empfängerin, nimmt alles wahr, aber wertet nicht, denn alles ist gut und soll sein, er ruht in sich selbst und verschenkt nur zarte, langsame, sanfte und sinnliche Berührungen. Er erwartet nichts und urteilt nicht.

Nach dem Vorgespräch entkleiden sich beide (in separaten Räumen) und bekleiden sich mit einem Lunghi. Der Lunghi ist ein großes Seidentuch, dass die Frau oberhalb der Brust bindet und der Mann in der Tallie. Es ist lang genug um auch bei der Frau bis zum Boden zu reichen, darunter sind beide unbekleidet. Der Ablauf der Massage ist sehr ritualisiert und beginnt mit einer Begrüßung. Danach ist der Ablauf sehr unterschiedlich je nachdem wo man die Massage gelernt hat, allen gemeinsam ist aber, dass nach einer ruhigen Haltephase in der die Empfängerin nur gehalten und gewiegt wird um sich angenommen und geliebt zu fühlen, zunächst Kopf, Hände und Füße massiert werden, dann die Rückseite, wobei der Lunghi von beiden abgelegt wird, dann die Vorderseite des Körpers und ganz zuletzt die Yoni. Und danach wird die Empfängerin wieder mit dem Lunghi bedeckt und hat alle Zeit der Welt um wieder an zu kommen.

Nach dem Ende der Massage, sobald die Empfängerin wieder angekommen ist, bleibt noch Zeit für ein ebenso ausführliches Nachgespräch in dem die Empfängerin Zeit hat über alles zu sprechen was sie möchte.

Ganz entscheidend für die Tantramassage ist auch, dass der Gebende wirklich einen Raum für die Empfängerin schafft. Sie darf einfach sein, muss nichts und darf (fast) alles. (Alles was der Gebende zu läßt, grundsätzlich ist aber nur der Gebende aktiv und die Empfängerin passiv). Im Verlauf der Massage ist es durchaus erlaubt Lust zu empfinden und auch erwünscht. Die Massage kann und darf zu jeden Zeitpunkt von der Empfängerin abgebrochen werden. Das mag zwar jetzt sowieso als selbstverständlich erscheinen, oft ist es aber so, dass Menschen in einer so persönlichen Situation Befürchtungen haben etwas falsch zu machen oder nicht richtig usw. Und der Kern der Tantramassage ist eben, dass die Empfängerin in Ihrem ganzen Wesen voll und ganz angenommen wird. Dieses Ritual dient einzig und allein Ihr, sie gilt es zu ehren, Ihre Göttlichkeit wird geehrt und daher steht Ihr auch alles frei und sie muss wirklich nichts und nichts wird bewertet. Darum ist es so wichtig, dass die Massage auch von einem Tantriker (bzw. Tantrikerin) ausgeführt wird.

Wichtig ist auch zu erwähnen, dass gegen Ende die Empfängerin die Wahl hat, ob sie einen Orgasmus (auch mehrere) erleben will oder nicht, ob sie vorher ab bricht, oder es zulassen möchte oder ob sie einen Big Draw, eine spezielle Technik für erfahrene Tantriker, anwenden will.

Für die Dauer der Massage und das finde ich einfach so toll, wird die Empfängerin oder der Empfänger, voll und ganz als Mensch angenommen und darf sein. Niemand muss eine Maske tragen und wird einfach dafür angenommen dass man ist, ganz gleich wer man ist. Tantra wird nicht ohne Grund als Massage der Seele bezeichnet, auch wenn man sich des Körpers bedient, aber im richtigen Geist ist es eine Herzverbindung auf einer ganz besonderen Ebene, die gerade in unserer Zeit Ihresgleichen sucht.

Und ausnahmsweise, als Dank, beende ich diesen Text mit dem indischen Gruß

Namasté

(was so viel bedeutet wie – Ich ehre Dich bzw. ich ehre das göttliche in Dir)

Für Fragen aller Art stehe ich natürlich immer zur Verfügung 🙂

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